Bildbearbeitung
Es gibt und gab keine Fotografie ohne Bildbearbeitung. Besonders die digitale Fotografie ist ohne eine Bearbeitung nicht denkbar. Das Primat jeder Bildbearbeitung muss es sein, die Integrität des Bildes als journalistisches Dokument zu erhalten oder zu erhöhen. Die Bildbearbeitung darf nicht das Ziel verfolgen, die*den Betrachter*in zu täuschen oder Geschehnisse in einer manipulativen Form wiederzugeben. Das betrifft sowohl den Inhalt des Bildes als auch den Kontext.Deswegen ist es nicht möglich, einzelne Bearbeitungsmethoden oder -grade als definitive Grenzen zu benennen. Bildbearbeitung muss auch als ein Mittel verstanden werden, mit dem Fotojournalist*innen das fertige Bild – als Ergebnis eines technischen Prozesses – näher an ihren Eindruck der Situation vor Ort bringen können. Die folgenden Ausführungen können deswegen keine abschließenden Aussagen sein.
6.1. Composite, Stempeln, Klonen, Entfernen oder Hinzufügen von Bildinhalten
Das Entfernen oder Hinzufügen von Bildinhalten und -teilen, sei es durch Klonen oder durch das Einfügen aus anderen Bildern sowie das Bewegen der Bildelemente einer Datei zueinander, sind im Fotojournalismus nicht erlaubt. Pixel haben an ihrem ursprünglichen Platz in der Datei zu verbleiben. Die akzeptablen Ausnahmen sind die Entfernung von Flecken, die durch Staub auf dem Sensor von Digitalkameras entstanden sind und sonstigen technischen Fehlern des Sensors sowie die Entfernung von Kratzern und Staub bei Bildern aus analogen Quellen.
6.2. Beschnitt
Ein Beschnitt des Bildes ist nur dann eine unzulässige Manipulation, wenn er dazu dient, die*den Betrachter*in des Bildes zu täuschen.
6.3. Weißabgleich, Belichtung, Anpassungen an den Rohdaten
Die Festlegung, ob die Belichtung eines Bildes nachträglich angepasst werden darf oder nicht, erscheint nicht sinnvoll, weil sie entweder von der Existenz einer »richtigen Belichtung« ausgeht oder sie die Wiederherstellung dieser »richtigen Belichtung« in einem fehlbelichteten Bild ablehnt. Dasselbe gilt für Anpassungen durch den Weißabgleich. Ob solche Eingriffe zulässig sind oder nicht, lässt sich nur über den Aspekt, ob die*der Betrachter*in getäuscht werden soll, festmachen.
6.4. Tonen, schwarz-weiß Konvertierungen, Filmsimulationen, Foto-Apps
Die Zulässigkeit des Gebrauchs diverser Filmeinstellungen, Smartphone-Apps, der Bearbeitung von Bildern durch Entsättigung, die Benutzung verschiedener Filmemulationen oder die Konvertierung in eine Schwarz-Weiß-Version kann ebenfalls nur daran gemessen werden, ob die*der Fotograf*in beabsichtigt, den Betrachtenden zu täuschen oder ob sie*er diese technischen Hilfsmittel als Stilmittel benutzt, um von einem Ereignis unter Zuhilfenahme der gewählten Bildsprache zu berichten.
6.5. Die Person des Bearbeiters
Da viele Bearbeitungsschritte darauf abzielen, die in der Kamera erzeugte Aufnahme näher an die Wahrnehmung der*es Fotografin*en im Moment der Aufnahme anzugleichen, sollte eine Bildbearbeitung durch Dritte nur in Absprache mit der*dem Fotografin*en erfolgen.